Oftmals mit einem Augenzwinkern wird von der senilen Bettflucht gesprochen. Gemeint wird damit eine verminderte Schlafdauer von älteren Personen, die sich in häufig übertrieben frühem Aufstehen bemerkbar macht. Doch was ist senile Bettflucht genau? Gibt es das Phänomen wirklich?
Ist frühes Aufstehen eine Frage des Alters?
Tatsächlich ist es so, dass sich das Schlafverhalten und Schlafbedürfnis von Menschen im Laufe des Lebens ändert. Neugeborene schlafen gefühlt den ganzen Tag und auch Babys benötigen in der Regel noch zwischen 11 und 14 Stunden Schlaf pro Tag. Ganz allgemein gesprochen gilt jedoch: Je älter man wird, desto geringer wird das Schlafbedürfnis. Und so weisen viele über 60-Jährige mit 7 bis 8 Stunden eine recht geringe Schlafdauer auf. Diese verteilt sich darüber hinaus oftmals auf mehrere kurze Schläfchen, die über den Tag verteilt genossen werden, wodurch sich der Nachtschlaf natürlich entsprechend reduziert.
So kann es durchaus vorkommen, dass die Großeltern mitten in der Nacht oder im Morgengrauen bereits munter sind, während jüngere Familienmitglieder um die gleiche Uhrzeit noch selig schlafen. Dadurch prägte sich nach und nach die Begriff „senile Bettflucht“, mit dem scherzhaft das frühe oder nächtliche Aufstehen älterer Menschen kommentiert wird.
Welche Bedeutung hat die senile Bettflucht aus evolutionärer Sicht?
Die innere Uhr verschiebt sich während des Lebens. Teenager und Jugendliche können abends lange wach sein und schlafen morgens dafür gerne aus. Ältere Menschen werden dagegen abends früher müde und sind dann auch wieder zeitig wach. Diese Verschiebung ist völlig normal. Es wird vermutet, dass Hormone dafür verantwortlich sind, dass sich das Schlafbedürfnis und Schlafverhalten im Laufe des Lebens verändert.
Dies mag auch evolutionär bedingt sein. Denn zu Urzeiten, als die Menschen noch in Familienverbänden als Jäger und Sammler umherstreiften und auch alle zusammen schliefen, war ein unterschiedliches Schlafverhalten einzelner Altersgruppen durchaus von Vorteil. Wache zu halten und die Familie vor Raubtieren oder anderen Gefahren zu warnen und zu schützen, war zu jener Zeit essenziell und überlebensnotwendig. Dadurch, dass die Jugendlichen besonders lange wach blieben und die Älteren schon früh munter waren, verteilte sich das nächtliche Wachehalten innerhalb des Familienverbandes optimal. Somit dürfte das gemeinhin als senile Bettflucht bezeichnete Schlafverhalten älterer Menschen durchaus evolutionär bedingt und in Hinblick auf unsere Entstehungsgeschichte absolut sinnvoll sein.
Was bedeutet senile Bettflucht und was nicht?
Die Bezeichnung senile Bettflucht entspricht – wörtlich betrachtet – im Normalfall nicht den Tatsachen. Denn ältere Menschen sind nicht per se senil, sobald sie regelmäßig früh aufstehen. Der Begriff „senil“ ist im Allgemeinen eher negativ behaftet und bedeutet landläufig, dass eine Person aufgrund ihres hohen Alters nicht mehr fit und belastbar ist – sowohl physisch als auch psychisch. Dies trifft aber auf die wenigsten Menschen zu, die Anzeichen einer senilen Bettflucht aufweisen. Daher ist diese ironische Begrifflichkeit zwar durchaus in gewisser Hinsicht humorvoll, wirklich schmeichelhaft ist sie aber nicht.
Was kann man gegen senile Bettflucht tun?
Auch, wenn das gerne als senile Bettflucht bezeichnete Schlafverhalten von älteren Menschen gemeinhin normal und kein Grund zur Sorge ist, kann man auch als über 60-Jähiger den Auswirkungen des Wenigschlafens mit einer optimalen Schlafhygiene ein wenig entgegenwirken. Denn aufgrund der kürzeren Schlafepisoden neigen Ältere verständlicherweise schneller zu Tagesmüdigkeit und sind mitunter weniger konzentrationsfähig. Regelmäßige Zubettgehzeiten, leichte Kost zum Abendbrot, der Verzicht auf Alkohol und Nikotin sowie auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnittene Bettwaren können das Schlafverhalten älterer Menschen positiv beeinflussen und so für mehr und längerfristige Erholung während des Schlafens sorgen